Körniges Rauschen

by Estefania

StrandAbschnittVerschiebungen von Relationen und Verhältnismäßigkeiten nehmen ihren Lauf.
Ohren werden trotz Verharrens auf sicher entferntem, festem Boden eindringlich umspült.
Blicke verlieren sich in auf- und abschwellenden Konturen.

Zwei Möwen starren auf denselben Fleck.
Nebensaison ist das Schlüsselwort an Orten wie diesen.
Die große Welle kommt ungeachtet dessen meist dann, wenn es niemand erwartet.
Auf diese Weise wird es möglich, das unmittelbare Eintauchen in die Weite.
Freiheitlich schwimmend.


Prag – Marzipandecke über der Stadt

by Estefania

Stadt von oben

Schon viele Jahre stand Tschechiens Hauptstadt Prag auf meinem Städtereisenwunschplan. Viele Freunde und Bekannte schwärmten von der außergewöhnlichen Altstadt und ihren verwinkelten Gassen und priesen gleichzeitig die Qualität des Bieres. Mein Ziel war es den Wahrheitsgehalt dieser Lobpreisungen zu erkunden.

Bei der Recherche des passenden Transportmittels nach Prag (jeder riet ausnahmslos davon ab mit dem eigenen Auto anzureisen) fand ich bald heraus, dass es eine günstige Busverbindung gab, die praktisch vor meiner Haustür startete. Für ca. 15 € p.P. konnte ich die Hin-, für knapp 25 € p.P. die Rückfahrt buchen. Ein außerordentlich niedriger Preis, bei dem ich eventuelle Unzulänglichkeiten einplante. Extrem ins Staunen versetzte mich daher, dass der Bus nach einer 5 1/2-stündigen Fahrt planmäßig um 13:55 Uhr im Busbahnhof von Prag stoppte. Ich war nicht mal in der Lage mein zu der Zeit verschriebenes Antiobiotikum so pünktlich einzunehmen, wie der Fahrer das Ziel erreichte.

Da der Busbahnhof etwas entfernt von unserem Hotel lag, kauften wir zuerst ein 3-Tages-Ticket für Bus und Bahn. Nachdem wir an der richtigen Metrostation ausstiegen aber erst mal in die falsche Richtung liefen, kamen wir ganz ohne Google Maps, dank fußläufigem Trial and Error-Verfahren, gegen 15 Uhr an unserem Hotel, in einer Nebenstraße, an. Die Zimmer des 4-Sterne-Hotels waren einfach aber zweckmäßig eingerichtet. Glücklicherweise lag unser Zimmerfenster in Richtung eines ruhigen Innenhofs und war nicht der mehrspurigen Straße auf der anderen Seite zugewandt.

Kirche_Maria vom SiegeDa das Hotel sehr zentral und in der Nähe des Náměstí Míru, einer der Haltepunkte der Tram 22 gelegen war, die eine Romanautorin einst als schönste Straßenbahnstrecke der Welt beschrieb, zog es uns als erstes zu dieser Station um genau jene Tram zu besteigen. Kaum hatten wir in der Bahn Platz genommen, passierten wir nach wenigen Minuten die berühmte Karlsbrücke und schlängelten uns danach weiter durch imposante Teile der Innenstadt bis wir Bílá Hora, die Endstation, erreichten.

Am westlichen Stadtrand Prags angelangt, erkundeten wir eine nahegelegene gelblich strahlende Kirche. Neben dem Hauptgebäude der Wallfahrtskirche Maria vom Siege stachen mir vor allem die farbenprächtig verzierten Deckengewölbe der Seitengänge ins Auge. Kurz nach unserer Ankunft schlugen die Kirchenglocken zur vollen Stunde.

 

KlostergangWährend die letzten Schläge noch kraftvoll erklingen, schaltet sich die Sirene eines Polizeiautos dazu und verhallt erst einige Zeit nach den Glockenschlägen.

KreuzschattenWir fuhren wenige Stationen zurück und stiegen nahe der Prager Burg aus. Die kühlen Temperaturen verführten uns zur Einkehr in einem gemütlich und heimelig eingerichteten Café nachdem wir an einigen interessanten kleinen Läden vorbei geschlendert waren. Unsere kulinarische Nachmittagswahl fiel auf eine Himbeersahnetorte mit Marzipandecke. Ein himmlisch köstlicher Genuss. Prag hatte mich.

Kuchen_Cafe

Draußen dämmerte es langsam als wir einen langen mit Kopfstein gepflasterten steilen Weg hinab in Richtung Karlsbrücke gingen. Dank des nasskalten Wetters war die Brücke nicht übermäßig stark besucht. Einige Maler und Musiker und angenehm wenige Touristen hielten sich hier auf. Wir flanierten über das historische Pflaster und bewunderten die atmosphärisch beleuchteten und perfekt in Szene gesetzten Statuen am Brückenrand.

Hinter uns lag die Prager Burg, vor uns die Altstadt, auf die wir nun Kurs nahmen. Hier tummelten sich überraschenderweise unzählige Menschen und die Restaurants platzten aus allen Nähten. Wir beschlossen den Abend entspannt ausklingen zu lassen und aßen dort, wo wir Platz fanden ohne anstehen zu müssen – bei einem Vietnamesen.

Weg zur Brücke


Istanbul – Ein Miniatur-Abriss in Klang und Bildern

by Estefania

Pegasus Schönefeld

Schönefeld – Istanbul, die Reisedauer mit der türkischen Fluggsellschaft soll 2:35 h betragen. Das Wort Verbot ist scheinbar auch für Pegasus Airline erziehungstechnisch zu negativ konnotiert. In der Durchsage für die Fluggäste wird nach der Vorstellung der Kapitäne das Rauchen für heute kurzerhand abgesagt und nicht untersagt. Wo kein Verbot, da kein Reiz etwas Verbotenes zu tun…

Wolkendecke

Brücke über den Bosporus

Zwischen der Hagia Sophia und der Blauen Moschee bietet sich mir am frühen Abend ein ganz besonderes Konzert: Während des Feierabendverkehrs ertönt simultaner Muezzingesang aus allen Himmelsrichtungen, während in unmittelbarer Nähe eine Alarmanlage in die Gesänge fällt. Kurz darauf folgt eine eindringlich kreischend präsente Sirene, die von einem vorbeifahrenden LKW weggetragen zu werden scheint. Die dichten, fast schon schwer aushaltbaren Klangflächen lösen sich langsam wieder, bis letztentlich ein einzelner Muezzin übrig bleibt.

Moschee Innenhof Regen

Im Regen lässt sich nicht so gut per Karte navigieren. Wir sind auf der Suche nach einer bestimmten Moschee und treffen zwei Touristen aus Indien, die dasselbe Gebäude suchen. Gemeinsam stellen wir fest, dass wir wohl vor der falschen Moschee stehen, sind uns aber uneinig ob das gesuchte Gotteshaus östlich oder westlich von uns liegt. Wir verlieren uns im Regen, weil jeder seine favorisierte Richtung anstrebt und landen schließlich unter den Arkaden eines Innenhofs einer anderen Moschee. Hier können wir durchatmen, eine neue Route planen und den Kauf eines Schirms überdenken. Sollte es kurzerhand aufhören zu regnen, trügen wir unnötigen Ballast mit uns herum.

Es hängt an der Wandfliese

Mit unseren Schals, die sich als multifunktionsfähig erwiesen, betraten wir ein prächtiges Gotteshaus während des Mittagsgebets und folgten der hallenden Stimme des Muezzins.

Moscheebesucherinnen


Mann am WebstuhlInstrumentenladen

Möwen über IstanbulBlick auf Meer

Blick bei Sonnenuntergang

Wir unternehmen eine Schifffahrt zu einer Inselgruppe im Maramameer. Die Prinzeninseln befinden sich auf der asiatischen Seite Istanbuls. Während der Fahrt  wird mir zum ersten Mal die Dimension der Millionenstadt bewusst. Umso weiter wir auf´s Meer hinaus fahren, umso besser ist zu sehen, welch riesige, fast unüberschaubare Fläche Istanbul umfasst. Auf der Insel angekommen, bemerken wir auffällig viele Katzen. Nachdem wir uns auf Empfehlung ein Fischbrötchen gekauft haben, umzingeln uns nach kurzer Zeit 6 bis 10 dieser Tiere. Sie positionieren sich wartend vor uns. Als mir ein Zwiebelring vom Brötchen fällt, schießen weitere Artgenossen blitzschnell unter einem Auto hervor, um die auf dem Boden liegende Beute zu ergattern.

Türme einer Moschee

Frau auf Bank


Transparente Schirme & Blätterteig mit grünem Kern

by Estefania

Baklava mit grünem KernBlick auf Palme vor Hagia Sophia

Ich sitze auf einer hölzernen Bank, esse einen Sesamkringel und beobachte eine schwarze Katze, die auf einem Baum sitzend, ihr Maul aufgeregt öffnet und schließt. Ihr Blick geht in Richtung einer Gruppe von Tauben und Möwen, die sich auf dem grünen Rasen entspannt einigen stattlichen Brotstücken widmen. Kein hektischen Picken, kein nervöses Zerren an der Beute. Es ist genug für alle da. Die Katze hat sich inzwischen auf Höhe der Vögel herunter bewegt und lauert ihnen hinter einer kleinen Hecke, die kaum ihren halben Körper bedeckt, auf. Weder Vertreter der Gattung Taube noch Möwe scheinen sich durch sie gestört zu fühlen. Es könnte daran liegen, dass die Körpergröße der Katze kaum die ihrer vermeintlichen Beute überragt. Sie wagt keinen Angriff obwohl die Tiere nur noch wenige Zentimeter von ihr entfernt sind. Der parkähnliche Platz zwischen der Blauen Moschee und der Hagia Sophia ist ein schmuckes Revier für diese Tiere. Kleine geschwungene Metallbögen trennen den grünen Bereich von dem gepflasterten Terrain, auf dem sich vornehmlich Touristen tummeln. Als Stadttiere an den Geräuschpegel der vorbeifahrenden Autos und Busse, der sich lauthals zurufenden Menschen und der sich im Gesang an verschnörkelten Tonhöhen zu überbieten versuchenden Muezzine, gewöhnt, können sich diese Tiere unbehelligt der Menschenmassen frei bewegen. Gern gesehen sind dennoch liegen gelassene Leckereien der Zweibeiner. Da ich an einem regnerischen Tag fernab der Hauptsaison hier bin, genieße ich die Abwesenheit der in den Reiseführern prognostizierten Touristenströme, lausche den hochtönenden Gebetsklängen, bestaune unterschiedlichste Modelle von Regenschirmen – wobei transparentes PVC dominiert – und erfreue mich an der Präsenz der Tiere.

Sonnenuntergang Brücke über BosporusRegenschirm vor KassenhausHagia Sophia Decke

Gestärkt vom recht krossen Sesamsamengebäck, entscheide ich mich dafür, einen Blick ins Innere der Hagia Sophia zu werfen. Weltkulturerbestätten sollten besichtigt werden, vor allem wenn sie nur wenige Meter von einem entfernt sind und gleichzeitig Schutz vor Regen bieten.

Hagia Sophia Blick durch TürHagia Sophia Kronleuchter

Bei spät abendlicher Ankunft am Flughafen Istanbuls und anschließender Fahrt in einem Taxi, verliere ich kurzzeitig den Glauben an die Schönheit dieser Stadt. Während sich meine Begleitung nicht davon abhalten lässt, für 21 Türkische Lire (ca. 7 EUR) einen Big King Burger zu kaufen, um damit die Abwesenheit von inkludiertem Essen bei Pegasus Airlines auszugleichen, checke ich die Gebühren für den angebotenen Shuttle-Service aus und befinde diesen für zu teuer. Da wir keine alternative Transportmöglichkeit sehen, steigen wir in das Taxi, dessen Fahrer selbstredend unser Gepäck greift und mit Bestimmtheit in seinem Kofferraum verstaut.  Er fragt nach unserem Zielort und entgegnet uns daraufhin, er kenne weder das Hotel noch wisse er wo die Adresse sei und fordert uns auf, diese zu googeln. Dafür stellt er uns netterweise sein Smartphone zur Verfügung. Eine Markierung bei Google Maps vor Augen, hält der Taxifahrer am Straßenrand an, um zu überlegen, wie er am besten fahren solle. Während wir auf einer großflächigen Markierung halten und die rote Digitalanzeige des Taxameters fortwährend neue Zahlen schreibt, wachsen in mir Unruhe, Ungeduld und Argwohn. Wenn man in eine fremde Stadt kommt und dort in ein Taxi mit passendem Landes- und Städtekennzeichen steigt, hofft man auf einen ortskundigen, trotz eventueller Ahnungslosigkeit Souveränität ausstrahlenden vorübergehenden Begleiter.
Blick auf Häuserwand

Vor allem, wenn man der Landessprache nicht mächtig ist, um sich erklären zu können. Der Taxifahrer versucht nicht ansatzweise seine eigene Unsicherheit zu verbergen. Google Maps dient ihm als selbstverständliches Navigationsgerät und schon bald können wir die Bushaltestelle verlassen auf der wir in Zeiten der Planlosigkeit parkten. Er fährt drauf los, da alle Richtungen zunächst in eine Richtung führen – weg vom Flughafen. Google Maps stellt sich als ungünstige Methode zum Navigieren heraus, da er beim erforderlichen Blick auf den Bildschirm schlecht telefonieren kann, was scheinbar eine seiner großen Leidenschaften ist. Deshalb ruft er kurz jemanden an, um zu erfahren, wohin er uns fahren muss und legt die restliche Fahrt sein Handy nicht mehr aus der Hand, außer um den nächstmöglichen Gesprächsteilnehmer aus seiner Kontaktliste auszuwählen. Dreiste Spurwechsel- und Drängelmanöver von unzähligen Autos und Bussen auf einer circa achtspurigen Straße lenken mich zwischendurch von meinem nun weitgehend unentspannten Zustand ab. Wir passieren eine riesige Brücke und der Fahrer unterbricht kurz sein Telefonat, um uns zu sagen, dass wir in diesem Augenblick die asiatische Seite hinter uns lassen. Mit rasantem und unaufhörlichem Anstieg des Taxameters schlägt meine positive Ankunftsaufregung in Ernüchterung um, vor allem beim Anblick der kargen Betonwüste zur rechten und linken Seite der Schnellstraße.

Beton und KranWir passieren vorwiegend mehrstöckige Betonklötze. Ein Plattenbau reiht sich hier an den nächsten. Es ist, als würde man gleichzeitig durch ein Industriegebiet und ein Viertel für Sozialwohnungen fahren, wenig orientalisch.

Vor der Reise informierte ich mich bezüglich der Durchschnittskosten einer Taxifahrt vom Flughafen zu unserem Hotel. Das Taxameter hat den üblichen Preis inzwischen bei Weitem überschritten. Dafür baut der Fahrer in seine Route immer kreativere Schlenker ein, sodass selbst ein Ortsfremder anhand der Wegweiser erkennen kann, dass wir hübsche Bögen um das eigentliche Ziel fahren. Wie ärgerlich, wenn man merkt, dass man abgezockt wird und dies nicht in der Landessprache kommunizieren kann. Sein Englisch ist sehr schlecht. Die internationale Zeichensprache für „Könnten Sie uns bitte nicht übers Ohr hauen“ ist mir leider entfallen. Ich frage ihn hingegen mit einfachen und klaren Worten, die sich mittlerweile mit Wut paaren, ob er scherze, nachdem er endlich vor unserem Hotel hält – ja, es trägt den korrekten Namen – und einen utopischen Betrag nennt, den wir ihm zu zahlen hätten. Auf den dreistelligen Betrag, der in der Nähe seines Lenkrades angezeigt wird, schlägt er zusätzliche Mautkosten, die preislich nichts mit der real gezahlten Maut zu tun haben, sowie eine Art Servicesteuer für seine Dienste, die sich auf fast 10 EUR belaufen. Ich versuche mit ihm zu diskutieren. Er zitiert den Hotelmanager heran, welcher dafür sorgt, dass wir nicht den vollen Preis zahlen müssen. 10 Minuten, eine Zigarette, sowie ein Willkommensdrink später, erfahren wir, dass es eine Beförderungsmöglichkeit gegeben hätte, mit der wir nur ein Zehntel des Taxispaßpreises gezahlt hätten – ein Bus ab Taksim. Das merken wir uns für die Rückreise vor. Jetzt wollen wir endlich einchecken.
Angekommen in unserem Zimmer im 7. Stock, genießen wir den Blick durch die große Fensterfront nach draußen. Nachdem wir ein kastenförmiges Hochhaus vor uns bemerken, das unseren Weitblick etwas eingrenzt, erregt ein permanentes Klopfen, was aus dem Bad zu kommen scheint, unsere Aufmerksamkeit. [Tbc]

Zimmerfenster 706

Straße vor dem Fenster


Nominierung für den ARD Pinball ´14

by Estefania

Weekend ARD Hörspieltage
Meine Klangcollage mit dem Titel Weekend feat. der Weihnachtsmann, basierend auf Walter Ruttmanns Klassiker Weekend, ist zu meiner großen Freude für den ARD PiNball 2014 nominiert worden.

Das Stück entstand im Ohren auf! Kurs von Marion Czogalla, die für einige Semester Dozentin am Lehrstuhl für Experimentelles Radio war. Wir besprachen Klassiker der Hörspielgeschichte und waren in diesem Rahmen frei in der Auswahl eines Stückes, das es zu adaptieren galt. Da ich bisher fast ausschließlich mit Texten und Sprache arbeitete, reizte es mich sehr, das Genre Hörspiel rein von der rhythmischen und klangästhetischen Seite zu betrachten und eine Komposition zu entwerfen. Das Thema lag für mich aufgrund der derzeitigen Jahreszeit auf der Hand und so nahm ich alles auf, was mir in der vorweihnachlichen Zeit zwischen Weimar, Erfurt und Potsdam vor die Mikrofone kam. Der Hörer des Stücks begibt sich mit mir auf eine Reise und durchlebt auf abstrakte Art und Weise die Dinge, die sich mir vor Heiligabend darboten. Im letzten Abschnitt gelangt er bis ins Wohnzimmer zur Bescherung im familiären Kreis, mit der sich Stück und Reise schließen.

Weekend feat. der Weihnachtsmann

 

 

 


Genius Loci

by Estefania

Zum dritten Mal fand im August das audiovisuelle Projektionsfestival GENIUS LOCI statt. Unter dem Motto MAKE WALLS TALK erwachten die Geister historischer Gebäude Weimars mit Hilfe des Videomappings. Hierbei wird die Struktur und der Aufbau eines Objektes in die Bildgestaltung einbezogen und somit um eine Dimension erweitert. Das Ergebnis waren Tausende staunende Besucher zwischen Weimars Häuserzeilen vom 15. bis 17. August. Ich habe mir einen Platz in der ersten Reihe gesichert, um das Fassadenspektakel in vollem Umfang einfangen zu können.

Anna Amalia minimalGenius LociDNT Kaleidoskop Anna Amalia HandDNT Stripes 2 Anna Amalia BienenDNT UniverseHerderplatz 6 DNT rosablau Herderplatz EstragonDNT Make walls talkHerderplatz 5


Ein Hoch auf den Kaktus III

by Estefania

Schotterpiste nach Watamula

In Westpunt verwies ein Schild mit der Aufschrift Watamula in Richtung einer Schotterpiste. Hier konnte die Ente erneut ihre Geländetauglichkeit unter Beweis stellen. Nach gefühlten drei Kilometern Fahrt durch die Pampa musste doch nun langsam etwas auf die Sehenswürdigkeit hinweisen, der wir uns nähern sollten. Weder ein Wegweiser, noch irgendwelche anderen Zeichen deuteten darauf hin; ein Leuchtturm war auch nicht in Sicht. Langsam stellten sich Zweifel ein ob wir nicht eine unscheinbare Abbiegung verpasst haben könnten und nun auf dem Weg zu einer Sammelstelle für Drogenkuriere oder ähnlichem waren. Zur Erklärung: Im Vorfeld der Reise lernte ich durch eine Dokumentation auf dem NDR, dass Curacao durch die Nähe zu Südamerika und direkte Flugverbindungen nach Europa eine Drehscheibe des panatlantischen Drogenhandels und ein Brennpunkt für Schmuggel aller Art Watamulaist. Selbst die Armee patroulliere mit Hubschaubern über der Insel. Dieser Info erinnerte ich mich in diesem Moment und war doch sehr erleichtert, als ein schlichtes Schild das Erreichen des Zielortes signalisierte. Nun ging es zu Fuß weiter. Ein paar Meter hinter den weiß lackierten Eisenstangen erstreckte sich ein kilometerlanger Küstenabschnitt mit dunkel gefärbtem Kalkstein. Die Wellen schlugen hier mit ihrer ganzen Kraft gegen die Klippen und türmten sich zu beeindruckenden meterhohen Fontänen, die im Wind zerstäubten und für feinperlige Abkühlung sorgten. Durch einige Löcher im Gestein blubberte das Meerwasser in sprudelnden Intervallen blasenartig hervor, als wäre es ein riesiger natürlicher Whirlpool. Der Anblick dieser Naturgewalt fesselte so sehr, dass die intensive Mittagssonne fast unbemerkt auf uns niederbrannte. Auf den Kalksteinen lagerte sich in einigen Kuhlen, die nur temporär mit dem Wasser in Berührung kamen, eine dünne Schicht von Salzkristallen ab. Mehr oder weniger gut erkennbare große und kleine Korallenreste tauchten über die gesamte Fläche auf. Man befand sich hier auf einstigem Meeresgrund, der aufgrund von Absenkungen des Meeresspiegels begehbar war.Watamula Geysir

Watamula Korallen

Watamula

Watamula KalkgesteinWatamula Loch

 

 


Ein Hoch auf den Kaktus II

by Estefania

Unsere Unterkunft war mit allen Annehmlichkeiten ausgestattet. Hinter der Veranda, die sich als ausgezeichneter Ort zum Dinieren herausstellte, befand sich ein kleiner Pool, der uns nach den Reisestrapazen Erfrischung brachte. Da wir uns in den nächsten 14 Tagen selbst versorgen wollten, begaben wir uns zum nächst gelegenen Supermarkt. Bergab, bergauf, eine frei laufende Ziegenherde passierend und auf die geteerte Straße rechts abbiegend, erreichten wir einen Minimarket. Hier deckten wir uns mit dem Nötigsten für die nächsten Tage ein. Die lokalen Preise inspirierten zu genauer Kalkulation und gewissenhaftem Abwägen beim Einkauf.

Barber Kirche

Wir brachten unsere Einkäufe nach Hause und bereiteten uns mit Hilfe des Gasherdes ein schmackhaftes Abendessen zu. Während uns der Wind auf der Veranda in den Ohren säuselte, schmiedeten wir Pläne für den nächsten Tag.

Vorerst wollten wir uns ein besseres Bild von unserer näheren Umgebung verschaffen. Da der Bezirk Barber, in dem wir untergebracht waren, im nördlichen Teil der Insel liegt, wollten wir direkt den nördlichsten Punkt der Insel, Westpunt und die der Stadt nahe gelegene Sehenswürdigkeit Watamula in Erfahrung bringen. Am Noordpunt sollte sich laut Karte ein Leuchtturm befinden, den ich mir ebenfalls nicht entgehen lassen wollte.

Von Barber führte eine kaum befahrene Straße mit nur wenigen Schlaglöchern (man berichtete uns, dass wir Glück hatten, da ein paar Monate vorher um Weihnachten alle Straßen ausgebessert worden seien) in Richtung Westpunt. Auf dem Weg passierten wir das Landhaus Savonet.

Landhuis Savonet

Es ist eines von vielen Landhäusern, die im 18. und 19. Jahrhundert zur Kolonialzeit auf Curacao erbaut wurden. Sie dienten den Kolonialherren und ihren Haussklaven als Wohnstätte und bildeten den Mittelpunkt jeder Plantage. Meist wurden diese Häuser auf erhabenem Grund errichtet, damit anliegende Felder, benachbarte Plantagen und die dort arbeitenden Sklaven gut im Auge behalten werden konnten. Viele Plantagen dienten Orten und Stadtvierteln als Namensgeber. Die Landhäuser, die noch heute erhalten sind, erfahren eine vielfältige Nutzung. Ihr Verwendungszweck reicht von Museen und Kulturzentren über Künstlerateliers und Galerien, bis hin zum Rehabilitationszentrum, Restaurant oder Resort. Der berühmte Blue Curacao Likör wird in den Räumlichkeiten des Landhuis Chobolobo, in Willemstad gebrannt.

Das Landhaus Savonet, an dem wir einen kurzen Zwischenstopp einlegten, war einst für die Produktion von Wolle, Hülsenfrüchten und Holz bekannt. Am Eingang des Christoffel Parks gelegen, dient es als Ticketshop, Museum und idealer Ausgangspunkt für Touren durch den Nationalpark.
Weiter ging die Fahrt Richtung Norden. Mitten auf dem warmen Asphalt der Straße sonnten sich Leguane jeglicher Größe und Couleur. Einige ließen sich gar nicht vom tuckernden Motor der Ente irritieren und verharrten in ihrer Position. Andere wechselten die Straßenseite oder verschwanden in Büschen, kurz bevor das Auto auf ihrer Höhe war.

Leguan auf Haupstraße

Wir erreichten Westpunt ohne auch nur den geringsten Schwund bei der heimischen Leguanpopulation verursacht zu haben und hielten gegenüber einer Kirche an. Beim Blick über die nächste Mauer bot sich eine fantastische Sicht auf den Playa Piskado und seine friedlich ankernden Fischerboote. Playa Piskado war der erste Strand, den wir erblickten. Die unerwartete Aussicht auf den goldgelben Sand und das türkisblaue Meer setzte unweigerlich glückselige Urlaubsgefühle frei und erinnerte fast an Karibik Klischees. Während man auf einer einsam geteerten Landstraße vorbei an trockenen kakteenbewachsenen Landschaften und grünen Hügeln voller Hartlaubgewächse fährt, entsteht ein besonderer, neuer und einzigartiger Blick auf diese Gegend. Curacao bedient nicht die klassische Karibikfantasie von kilometerlangen puderweißen Stränden. Es ist vielmehr eine Insel, die eben viel mehr zu bieten als das und so das Auge des Besuchers gekonnt auf seinen Facettenreichtum lenkt. Das bestätigte unser nächster Halt: Watamula.

Playa Piskado

 

 

 


Ein Hoch auf den Kaktus I

by Estefania

Ein Hoch auf den Kaktus

Es war eine fixe Idee. Air Berlin bot am Tag meines Geburtstags vergünstigte Nonstop-Flüge in die Karibik an. Bis zum Abflug blieben gut vier Wochen. Ich würde pünktlich zum Start des neuen Semesters wieder in Deutschland sein. Im Rahmen meiner übermütigen Geburtstagslaune kam es bei Kaffee und Kuchen zur Buchung des Fluges. Mein Vorwissen zur Ziel-Insel fiel bis dahin recht bescheiden aus. Ich wusste, dass ein Getränk nach ihr benannt ist und dass ein ehemaliger Klassenkamerad von mir dort über einige Monate ein Praktikum in einer Tauchschule absolvierte. Dass die Insel ein Paradies für Taucher sei, erbrachte auch die Googleabfrage. Bevor es losgehen sollte, wollte ich mir noch ein paar Insidertipps meines Bekannten einholen. Gesagt, getan. Ich bombardierte ihn mit Fragen bezüglich Unterkünften, Sightseeing, seinen persönlichen Highlights vor Ort und Tauchspots, die er empfehlen könnte. Da es sich bei meinem alten Bekannten um einen sehr netten Menschen handelt, blieb keine meiner Fragen unbeantwortet (Danke, Christian!). Gefüttert mit immer mehr Informationen stieg die Vorfreude auf den Trip. Gleichzeitig bereute ich, dass ich im Sprachenzentrum meiner Uni letztes Semester keinen Niederländisch-, sondern einen Arabischkurs belegte.  Niederländisch in der Karibik? Ja, auf den niederländischen Antillen wäre dies, neben dem Erlernen von Papiamentu, einer auf den ABC-Inseln (Aruba, Bonaire und Curacao) gebräuchlichen Kreolsprache, durchaus eine solide Basis für eine reibungslose Kommunikation gewesen.
Nun stand noch die Frage nach einem Dach über dem Kopf aus. Über airbnb gab es fabelhafte und bezahlbare Unterkünfte, nur waren die meisten so kurzfristig schon ausgebucht. Nach etwas intensiverer Suche fiel die Wahl auf eine Bleibe im Norden der Insel. In der Nähe des Christoffel-Nationalparks, nähe Barber wollten wir die ersten 9 Tage verbringen. Da wir uns das geschäftige Treiben rund um die Hauptstadt Willemstad nicht entgegen lassen wollten, buchten wir für die restlichen 5 Tage eine Unterkunft im südlichen Teil der Insel. Um die Insel nach Lust und Laune erkunden zu können und dabei nicht auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen zu sein, die laut Reiseberichten zudem sehr unregelmäßig fahren sollten, mieteten wir über Ducks United einen Citroen 2CV, Baujahr 1981. Ich saß zum ersten Mal in einem Auto dieser Art und schloss es nach anfänglicher Skepsis schnell ins Herz. Mein Highlight war das Rolldach Verdeck, die hochklappbaren Fenster und die durchgehende vordere Sitzbank. Auch hervorzuheben ist die Klimaanlage, die durch das Auf- und Zuklappen von Lüftungsschlitzen unter der Frontscheibe aktiviert oder ausgeschaltet werden konnte.

Curacao Nummernschild 3 dreh

Ente Nummernschild

Nachdem die Koffer auf der Rückbank verstaut wurden, zückten wir die Google Maps Wegbeschreibung, die uns ohne Umschweife zur angemieteten Ferienwohnung führen sollte. Der Bezirk Dokterstuin war nach einer knappen halben Stunde geradeaus fahren erreicht. Jetzt galt es nur noch die passende Hausnummer zu finden. Zu dem Zeitpunkt wussten wir noch nicht, dass zwei aufeinanderfolgende Ziffern an völlig unterschiedlichen Plätzen in einem Bezirk liegen konnten. Das Problem war auch, dass es keine geteerten Straßen mit Beschilderungen gab, sondern nur der Bezirk einen Namen hatte und man dort wissen musste, wo sich die jeweiligen Hausnummern befinden. Logisch herleiten ließen sie sich zumindest nicht und uns konnte auch keiner der Nachbarn weiterhelfen. Entweder verstanden sie kein englisch oder für sie war das Nummernsystem ebenso wenig nachvollziehbar wie für uns. Die Häuser waren in relativ großen Abständen zueinander gebaut, sodass man teilweise die durch Kakteen begrenzte Schotterpiste bergauf und bergab fuhr, ehe das nächste Gebäude sichtbar wurde. Nach einer gut halbstündigen Irrfahrt über Stock und Stein kapitulierten wir und riefen unsere Vermieterin per Handy, welches nur im Notfall benutzt werden sollte, zu Hilfe. Sie fand uns glücklicherweise recht schnell um uns mit ihrem Auto zu unserer Herberge zu lotsen.

Garten

Freunde der SonneAussicht Dokterstuin

 


Eine Tour, zwei Welten

by Estefania

Beyoncé Köln Ich war zwei Mal Gast der „The Mrs. Carter Show World Tour“ und hatte nicht damit gerechnet, bei ein und derselben Tour einer Künstlerin zum gleichen Ticketpreis so gegensätzliche Shows geboten zu bekommen.
Warum ich mir überhaupt ein Konzertticket für Beyoncé kaufte:

Warum Beyoncé

Mit Veröffentlichung ihres zweiten Albums „The Score“, war 1996 das Jahr der Fugees. Das Trio bestand aus den rappenden Cousins Wyclef und Pras, sowie der Rapperin und Sängerin Lauryn Hill. „Ready or Not“, „The Mask“, „Fu-Gee-La“ und natürlich „Killing Me Softly“ dröhnten eine gute Zeit jeden Morgen aus meinem Walkman, während ich zur Schule fuhr.
1998 trug Wyclef Jean einen entscheidenen Teil dazu bei, dass eine vierköpfige R´n`B – Band namens Destiny´s Child, nach mehrjährigem Bestehen erstmals zu Popularität gelangen konnte. Ihre erste Single „No, No, No“ (Part I), ein eher monoton-dröger R´n`B Song mit dem ewigen „Du-willst-mich-aber-du-kriegst-mich-nur-wenn“…-Themenschwerpunkt, erreichte die Massen erst als es Wyclef in einem Remix gelang die Schlafzimmeratmosphäre aufzubrechen und die Nummer mit einem Barry White Sample aufgeweckt vielseitig zu arrangieren. Dies war die erste Single der damals vierköpfigen R´n`B-Band Destiny´s Child, die aus dem gleichnamigen Debütalbum stammte. In „No, No, No“ (Part II) taucht Wyclef Jean nicht nur akustisch in Erscheinung, sondern ist neben den vier Sängerinnen fester Bestandteil des Musikvideos, welches 1998 auf heavy rotation im Musikfernsehen lief. Dem Remix liegt der Song „Strange Games and Things“ von The Love Unlimited Orchestra´s (1976) zugrunde.
Der Song weckte vor allem durch Wyclefs Handschrift als Produzent mein Interesse für die Gruppe. Ich war nie deren größter Fan, verfolgte jedoch ihre Singleauskopplungen, die meist Charterfolge wurden und mithilfe hipper Musikvideos auf MTV gut repräsentiert waren.
Das Bandkonstrukt variierte mit der Zeit. Ursprünglich bildeten Kelly Rowland, Beyoncé Knowles, LeToya Luckett und LaTavia Roberson das klangvolle Gespann.
Uneinigkeiten mit dem Manager Matthew Knowles, dem Vater Beyoncés, führten aber zu dem Ergebnis, dass im Video zur Single „Say My Name“ plötzlich zwei neue Sängerinnen auftauchten, die LeToya und LaTavia ersetzten: Michelle Williams und Farrah Franklin. Farrah verließ nach ein paar Monaten die Kombo, sodass die Gruppe bis zum Schluss als Trio in Erscheinung trat. Inzwischen veröffentlichten sie drei weitere Alben: „The Writing´s on the Wall“ mit den Hitsingles „Jumpin´, Jumpin´“, „Bills, Bills, Bills“ und „Say My Name“, welches für sechs Grammys nominiert wurde, folgte nur ein Jahr nach ihrem Debüt. 2001 erschien „Survivor“ mit gleichnamiger erfolgreicher Single und den Auskopplungen „Bootylicious“, „Nasty Girl“ und „Independent Woman“, welcher auch Soundtrack zum Film „Drei Engel für Charlie“ war.
Ende 2001 veröffentlichte die Band ein Weihnachtsalbum und gab ihre Trennung zugunsten von Solokarrieren bekannt. Beyoncé hatte dabei größeren Erfolg als ihre Bandkolleginnen. Sie wirkte als Schauspielerin in „Austin Powers in Goldständer“ mit und steuerte den Song „Work It Out“, ihre erste Soloveröffentlichung, zum Soundtrack bei.
Ihr Debütalbum „Dangerously in Love“ mit den Singles „Crazy in Love“ und „Baby Boy“ (feat. Sean Paul) wurde 2004 mit vier Grammys ausgezeichnet. Im gleichen Jahr fanden sich Destiny´s Child für eine vierte Albumproduktion zusammen. „Destiny Fulfilled“ mit den Singles „Soldier“ und „Lose My Breath“ entstand. Und ungefähr in diesem Jahr dachte ich auch darüber nach, wie es wäre die Bühnenpräsenz der drei live zu erleben. Mein Interesse, sowie mein Budget befanden sich zu der Zeit aber doch nicht auf Höhe des Ticketpreiselevels, sodass ich beschloss die Mädels einfach ein paar Jahre später mal zu sehen. Dummerweise verkündeten sie 2005 ihre endgültige Trennung, sodass ich mir kurzzeitig doch in den Hintern biss, nicht bei einem ihrer Konzerte gewesen zu sein.
Ich verfolgte weiterhin Beyoncés Karriere und sah auf einer ihrer Tour-DVDs, mit welch ungeheurem Aufwand sie ihre Shows inszeniert und mit welcher Bühnenpräsenz sie es schafft, die Leute in ihren Bann zu ziehen. Vor allem beeindruckten mich ihre Livegesangskünste, die trotz scheinbarer körperlicher Höchstleistungen in punkto Choreografie, weder an Brillianz, Volumen noch Pointierung verloren. Ich wusste, diese Frau will und muss ich live erleben. Als Solokünstlerin war die Gefahr eines Zerwürfnisses mit Kolleginnen ja recht gering, sodass ich geduldig ausharrte, bis der richtige Zeitpunkt für einen Konzertbesuch gekommen war.

Mit Veröffentlichung ihres zweiten Albums „The Score“, war 1996 das Jahr der Fugees. Das Trio bestand aus den rappenden Cousins Wyclef und Pras, sowie der Rapperin und Sängerin Lauryn Hill. „Ready or Not“, „The Mask“, „Fu-Gee-La“ und natürlich „Killing Me Softly“ dröhnten eine gute Zeit jeden Morgen aus meinem Walkman, während ich zur Schule fuhr. 1998 trug Wyclef Jean einen entscheidenen Teil dazu bei, dass eine vierköpfige R´n`B – Band namens Destiny´s Child, nach mehrjährigem Bestehen erstmals zu Popularität gelangen konnte. Ihre erste Single „No, No, No“ (Part I), ein eher monoton-dröger R´n`B Song mit dem ewigen „Du-willst-mich-aber-du-kriegst-mich-nur-wenn“…-Themenschwerpunkt, erreichte die Massen erst, als es Wyclef in einem Remix gelang, die Schlafzimmeratmosphäre aufzubrechen und die Nummer mit einem Barry White Sample aufgeweckt vielseitig zu arrangieren.
Dies war die erste Single der damals vierköpfigen R´n`B-Band Destiny´s Child, die aus dem gleichnamigen Debütalbum stammte. In „No, No, No“ (Part II), taucht Wyclef Jean nicht nur akustisch in Erscheinung, sondern ist neben den vier Sängerinnen fester Bestandteil des Musikvideos, welches 1998 auf heavy rotation im Musikfernsehen lief.
Dem Remix liegt der Song „Strange Games and Things“ von The Love Unlimited Orchestra´s (1976) zugrunde.
Der Song weckte vor allem durch Wyclefs Handschrift als Produzent mein Interesse für die Gruppe. Ich war nie deren größter Fan, verfolgte jedoch ihre Singleauskopplungen, die meist Charterfolge wurden und mithilfe hipper Musikvideos auf MTV gut repräsentiert waren.

BERLIN

2013 startete „The Mrs. Carter Show World Tour“, Beyoncés fünfte Welttournee. Berlin stand auf dem Plan und ich bekam mit viel Glück ein Ticket in der besten Platzkategorie für das Zusatzkonzert am Samstag. Perfekter Tag, perfekter Platz, perfekte Stadt.

Beyoncé, Independent Woman

Ich erlebte ein plättendes, explosives, berührendes, schillerndes, stimmgewaltiges, feuriges und mitreißendes Konzert in der O2 World. Riesige Videoleinwände rahmten die Bühne, sodass auch in den hinteren Reihen das entfernte Geschehen mitverfolgt werden konnte.  In der Mitte der Halle befand sich eine etwas kleinere u-förmige Bühne, auf die Beyoncé für drei bis vier Songs mit Hilfe eines Seil schwebte und dort ganz nah am Publikum performte, zu dem sie auch immer wieder körperlichen Kontakt suchte. Dem Wort Show im Tourtitel wurde das Konzert in allen Punkten gerecht. Es war ein visuelles und akustisches Megaevent mit Pyrotechnik, Goldregen, schillerndsten und aufsehenerregendsten Outfits, Darbietungen und Live-Gesangseinlagen, die ihresgleichen suchen.

Bey Hive  Beyoncé O2 World, 2013

Die Show startete mit dem wahnsinnig energievollen und treibendem „Run The World“, bei dem das Publikum durch den mächtigen Beat und eine dargebotene Choreografie, die keinen Widerstand zuließ, aus seinen Sitzen gestampft wurde. Ihre aufsehenerregenden Outfits, die sie themenbezogen wie Kostüme trug, wechselte Beyoncé spätestens nach drei performten Liedern. Die textile Vielfalt reichte von sportlich-lässig über luftig und/oder pobetont geschnittenen Abendkleidvariationen bis zu hautengen glitzernden Tops und Anzügen. Während der kurzen Umzugspausen liefen Einspielfilme, die mal mehr oder weniger künsterlisch wertvoll waren. Die Sängerin präsentierte sich hier selbst im Hochglanzformat in unterschiedlichen Kostümen und Settings. Außerdem waren Auszüge ihres Dokumentarfilms „Life is but a Dream“ zu sehen. Dabei sorgten vor allen Dingen Bilder ihrer Tochter Blue Ivy für ohrenbetäubendes Gekreische in der Halle.

Beyoncé

Keiner ihrer Nummer 1 Hits fehlte an diesem Abend. Selbst „Say my Name“ und „Survivor“ aus der Destiny´s Child-Ära fanden ihren Platz in der Show. Nach einer fast zweistündigen eindrucksvoll charismatischen Performance, im Zusammenspiel mit ihrer ausschließlich weiblich besetzten Liveband und den Tänzerinnen, sowie den „Twins“ (zwei männlichen Tänzern), endete die Show. Ein zu Beyoncés Liebesbekundungen und Danksagungen „Halo“-singendes O2 World-Publikum beschloss den mitreißenden und erinnerungswürdigen Konzertabend.

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Das Faszinierende an Frau Carter-Knowles ist ihre spezielle Fähigkeit, ein Gefühl von Nahbarkeit, Natürlichkeit, Dankbarkeit, ja fast schon Demut und Liebe an ihr Publikum zu vermitteln. Auch wenn dem ihr professionelles Auftreten, das auf Makellosigkeit bedachte Erscheinungsbild, ihr ausgeprägter Ehrgeiz, die eiserne Disziplin und ihr Perfektionismus entgegenstehen müssten. Aber sie schaffte es, mich davon zu überzeugen, dass sie dankbar dafür ist, dass ich ihr Konzert besuche, ihre Musik höre und wir an diesem Abend zueinander finden konnten.

Während ihrer Tour erschien Ende 2013, völlig ohne Vorankündigung, ihr 5. Soloalbum „Beyoncé“, welches vorerst exklusiv über iTunes zu erwerben war. In nur drei Tagen brach das visuell konzipierte Album mit 828.773 verkauften digitalen Einheiten sämtliche Verkaufsrekorde und belegte damit in 104 Ländern Platz 1.

KÖLN

Beyonce Banner

Geflasht vom Berlinkonzert und der neu veröffentlichten Single „Drunk in Love“ (feat. Jay-Z), die Beyoncé zusammen mit Jay-Z bei den Grammys performte, wurde mein Interesse für ihre Welttour erneut geweckt. Plötzlich war auf Fotos ihrer Konzerte in London auch ihr Ehemann auf der Bühne zu sehen. Die Chance auf ein neuwertiges Megakonzert, dass das neu erschienene Konzeptalbum und seinen Inhalt repräsentieren würde, stieg. So ließ ich mich in meinem Fieberwahn, der immer weiter durch neue Postings von Auftritten in aller Welt genährt wurde, dazu hinreißen mir zwei Tickets für das Kölnkonzert am 15. März 2014 zu ersteigern. Bis zuletzt bangte ich um die Echtheit der Tickets. Die stundenlange Fahrt nach Köln hätte völlig umsonst sein können. Ich hatte aber Glück!
In der Annahme: Geteiltes Glück ist doppeltes Glück, wollte ich diesmal gern in Begleitung einer vertrauten Person sein.
Zur Anwendung kam aber: Geteiltes Leid ist halbes Leid. Unter dem Motto stand der zweite Konzertbesuch leider tatsächlich.

Gab es in Berlin einen Sänger (Luke James) im Vorprogramm, versuchte in Köln ein gewisser DJ Monsieur Adi mit total überdrehtem Sound die Massen anzuheizen. Ich ging fest davon aus, dass der viel zu laute Sound, der die Idee von einer schlecht klingenden Großraumdisco mit kaputten Boxen vermittelte, auf einen Anflug von Übermut und eine eventuelle Gehörschädigung des Monsieurs zurückzuführen war. Würde doch nur endlich die Show losgehen, damit ich von diesem Lärm befreit werde, dachte ich. Mit einer guten Stunde Verspätung, um 21.15 Uhr begann Beyoncé ihre Show, in der sie die meisten Titel ihres neuen Albums präsentierte. Das war es, worauf ich mich vor allem gefreut hatte: neue feurige, hart basslastige Songs, die bis ins Rückenmark gehen.

Beyonce Bodyguard

Nur war es gar nicht so einfach allen Liedern zu folgen, beziehungsweise die Titel zu erkennen, da alles was mit Bässen ausgestattet war (die meisten ihrer Songs) mörderisch laut und undeutlich dröhnte. Ein matschiges Wabern und Vibrieren dominierte den Großteil der Songs, wogegen Beyoncés sonst so beeindruckende Bühnenpräsenz und Stimme nicht ankamen. Von ihrer kraftvollen und variationsreichen Stimme war nur bedingt etwas zu hören, da alles, was an tiefen Frequenzen in der Halle zu viel vorhanden war, an Dynamik auf ihrem Gesangsmikro fehlte. Es war zu spüren, dass sie gegen den Sound ankämpfte, der ihre Stimme maskierte. Ich steckte mir freiwillig Zellstoff als Gehörschutz in die Ohren. Kann ich sonst Songs wie „Flawless“, „Yoncé“, „Partition“, „Run the world“ oder „Drunk in love“ in voller Lautstärke hören ohne mich belästigt zu fühlen, lag es hier am völlig unstimmigen und unausgewogenen Sound, der neuropathische Schmerzen verursachte.
Ich überlegte zwischendurch wie ich ans Mischpult kommen könnte, um den Leuten dort zu sagen, dass sie bitte aufwachen und ihren Job machen sollen. Auch während des Konzertes, was dieses Mal nicht ganz 1 1/2 Stunden dauerte, fand keine hörbare Korrektur des Sounds statt. So wurde das Konzert fast schon zu einer Tortur. Eine Akustikperformance von „Irreplacable“ verschaffte den Gehörgängen kurzzeitige Erholung. Beyoncé selbst performte gefühlt liebloser als in Berlin. Vielleicht empfand sie den Sound selbst als Zumutung und wollte nur schnell die Show hinter sich bringen. Zwischendurch machte sie auf mich einen leicht gequälten Eindruck. So machte ich mir während des Konzerts Gedanken, wie es bei einer so durchgeplanten Show einer perfektionistischen Entertainerin, die nichts dem Zufall überlässt, zu solch einem qualitativen Einbruch kommen kann. Dabei spielten sich in meinem Kopf unterschiedliche Szenarien ab, die für mich einen verpassten Soundcheck begründen konnten. Dass ich als Konzertbesucher zwischendurch solche Gedanken hegte, verdeutlicht das Ausmaß der akustischen Katastrophe. Im Nachhinein las ich, dass ihr Flugzeug verspätet in Köln landete.

 Beyoncé Köln        Beyoncé interagiert mit Fans, bodyguard

Beyoncé solo               Beyoncé Zwilling

Die zweite Bühne, auf der Beyoncé in Berlin mit Tänzerinnen ganz nah am Publikum performte, glich in der Lanxess Arena eher einer Obstkiste. Für Tänzerinnen und die Nummer mit der schwebenden Beyoncé am Seil gab es hier selbstverständlich keinen Platz. Ich fragte mich während des Konzerts öfter, ob ich hier tatsächlich auf ein und derselben Tour bin. Die Unterschiede hätten nicht gravierender sein können, obwohl ich in Köln nur ein paar Reihen weiter hinten saß als in Berlin. Ich hoffte für die Konzertbesucher am nächsten Tag, dass es bei ihnen einen Soundcheck mit fähigen Tonmeistern geben werde und schwor mir, nie wieder freiwillig ein Konzert in der Lanxess Arena zu besuchen. Vielleicht sollte ich zukünftig lieber länger von einem mich flashenden Erlebnis zehren, als um jeden Preis eine Wiederholung dessen anzustreben. Das Positive an der ganzen Misere: ich konnte mich problemlos auf meinen Sehsinn konzentrieren und somit ausgiebig meine neue Kamera austesten. Wie man unschwer erkennen kann, sah der Kameramann auch etwas genauer hin. Angst vor dem Ehemann musste er schließlich nicht haben, denn er erschien nicht auf der Bühne. Ihre gemeinsamen Songs performte sie allein.

Kameramann

 


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